Das Festhalten an der Zeit oder: if I could save time in a bottle

Alice wacht an einem kalten Wintermorgen auf- Alles erscheint ihr wie immer. Ihr Mann Jules ist bereits in der Küche und macht Frühstück. Sie hat bereits den frischen Kaffeeduft in der Nase.

Doch als Alice zum gemeinsamen Frühstück aufsteht, findet sie ihren Mann tot auf dem Sofa. was nun? Alle anrufen, allen Bescheid geben? Einen Krankenwagen rufen? Dann würden die Kinder kommen und  auch der Bestatter. Man würde Jules hinaustragen und dann wäre er weg. Für immer. Endgültig.

Nein, dafür ist es noch zu früh. Es geht alles zu schnell. Das kann sie jetzt noch nicht. Zurückbleiben mit all den Aufgaben rund um die Beerdigung und mit den Kinden, denen zuliebe sie sich zusammenreißen müsste. Sie trösten. Sie will aber niemanden trösten. Sie kann sich ja selbst noch nicht spüren in der neuen Situation. Sie ist allein. Und dabei hätte sie noch so viel zu sagen. Sie ist noch nicht bereit Jules für immer Lebewohl zu sagen.

Also beschließt sie, gar nichts zu tun. Ein Tag zwischen Jules und Alice. Wie immer. Nur eins ist anders. Sie fängt endlich an mit ihrem Mann offen zu sprechen. Alles, was sie ihm schon so lange sagen wollte, wird ausgesprochen. Alice durchlebt noch einmal Höhen und Tiefen, Liebe und Enttäuschung. Erinnerungen durchströmen ihren Tag, Ärger und schließlich auch Trauer.

Einzig der autistische Nachbarbub, auf den sie zu allem Überfluss noch aufpassen muss, begreift die stille Gewissheit des Abschieds, die sie an diesem Tag mit ihrem toten Mann erlebt. Und dass er schon nicht mehr da ist. Und dieser Junge ist es auch der Worte und Raum findet dafür. In seiner eigenen Welt als auch in der ihren…

Eine Empfehlung?

Ich weiß nur zu gut, wie es sich anfühlt, noch ein wenig wertvolle Zeit mit jemandem verbringen zu wollen, der einem unwiderbringlich entrissen wurde. Dieses Gefühl fängt Broeckhoven zweifelsohne beachtlich ein in diesem dünnen Büchlein. Auch wenn mir nicht immer alles im Verhalten der Abschied nehmenden Alice restlos schlüssig erscheint, so ist doch ein berührendes Einfühlen gelungen in diese schwierige Gefühlswelt.