
Es ist ein in mancher Hinsicht ungewöhnliches Buch für den Servus-Verlag, das Karin Buchart und Maria Anna Benedikt rund um Thema traditionelle Lebensmittel, Rezepte und Genuss sowie Naturheilmittel geschrieben und illustriert haben. In anderer Hinsicht wiederrum ist das Kompendium der beiden Autorinnen gerade zu typisch.
Was damit gemeint ist und mehr zum Buch sowie ein abgewandeltes Rezept daraus findet ihr hier.
Der Inhalt
Von Roggenbrot berichtet Buchart, von Honig, Butter und Schmalz, von Käsen, Erdäpfeln, Speck und Schnaps.
Roggen- und Mischbrot backe ich seit mehr als 3 Jahren fast ausschließlich selber. Da ist es natürlich interessant, was es darüber im Buch zu finden gibt. Auch zum Kapitel über Apfelessig blättere ich sofort, weil ja gerade letztes Wochenende der erste, vom geklaubten Apfel über den Most bis hin zur Essigmutter komplett selbst gemachte Apfelessig fertig geworden ist und wir ihn abgefüllt haben.

Buchart behandelt in ihren Kapiteln jeweils kulturhistorisch und gastrosophisch kurz das jeweilige Lebensmittel. Setzt es auch in Kontext zu regionalen Traditionen und Produkten und erklärt kurz die notwendigen Zutaten und das eigentliche Handwerk der Produktion der jeweiligen Kulturprodukte. Aber eben nur kurz. Das mag dem interessierten, aber unbeleckten Leser einen Einblick geben. Allen, die ernsthaft am „Von Hand machen „ interessiert sind, bleiben die Anleitungen zu oberflächlich.
Was dem Buch scheinbar spielend gelingt ist einen Bogen zu spannen vom Handwerk zu gustatorisch-sensorischen Notizen („Wie schmeckt guter Apfelessig?“) hin zu einem Überblick über naturheilkundliche Anwendungen, die in leichtem Ton chemisch-biologisch hergeleitet werden.
Begleitet werden die Ausführungen der Servus-Expertin von liebenswerten schwarz-weiß Illustrationen, zum Beispiel vom Entstehungsprozess von Essig.

Da scheint es ein Leichtes, zu verzeihen, dass die Ausführungen zum Beispiel zum „Handwerk des Ansatzessig“ sich in den folgenden Ausführungen erschöpfen:
„Viele frische Zutaten können in Essig angesetzt und damit haltbar gemacht werden. Der Ansatzessig ist eine Besonderheit für sich: Er ist ein kalter, wässriger und haltbarer Auszug ohne Alkohol oder Zucker. Dadurch bietet er eine gute Möglichkeit, frische Kräuter, Früchte und andere Pflanzenteile zu konservieren und das Aroma kulinarisch verfügbar zu machen.“
Das erscheint zwar soweit so logisch, aber auch sehr offensichtlich. Möchte sich jemand mit den Handwerk des Ansatzessig beschäftigen helfen ihm diese Ausführungen wohl nicht besonders.
Dazu kommt noch, dass Buchart das Essig-Erfrischungsgetränk römischer Soldaten als „Tosca“ anstelle des korrekten „Posca“ bezeichnet, aber derlei lässliche Sünden sind dann schon etwas für Insider.
Rezept
Damit das nicht so bleibt, denn ich trinke wirklich sehr gern eine erfrischende Posca, also einen leichten Essig-Spritzer, hier ein leicht abgewandeltes Rezept aus dem Buch:

Tipp zum Abändern:
Wer den Honig reduziert, kann auch die Menge an Essig in Wasser reduzieren. Ungesüßt ist die Posca besonders erfrischend. Dafür reichen 1-2 EL Essig (Holunderblütenessig ist besonders duftig) zum Aromatisieren. Gleich abschmecken und genießen, da das Getränk nachsäuert. Oder eben weniger dosieren, um zum Beispiel auf die nächste Frühlingswanderung einen erfrischenden Spritzer mitzunehmen.
Übrigens: Neben der nicht vernebelnden Wirkung von Essig im Vergleich zu Wein, die ein Grund dafür war, dass dieses Getränk besonders unter Soldaten getrunken wurde, hat z. B. Apfelessig eine hunger-dämpfende Wirkung, wodurch die römischen Kämpfer länger marschieren konnten. Außerdem war Essig als Marschgepäck sehr ergonomisch, da er mit dem lokalen Wasser der römischen Provinzen aufgespritzt wurde und so auch hygienisch zweifelhaftes Wasser besser bekömmlich machte: Essig desinfiziert nämlich und war so für die römischen Legionen Kohletablette und Aufspitzsaft in einem. Genial!
Wir kehren zurück zum Buch „Von Hand gemacht“ und werfen einen Blick in die anderen Kapitel: Auch der Abschnitt über das Roggenbrot bestätigt den Eindruck. Überblicksmäßig sehr breit aufgestellt und in guten Intentioen und einfach verständlichem Ton wird das Backen eines guten Roggenbrots erklärt.
Wer sich aber eine Auseinandersetzung mit dem tatsächlichen Handwerk wie bei Micheal Pollans „Cooked“ erwartet hat, wird wiederum zu sehr auf der Oberfläche fest gehalten werden um die Kunst und Magie, die sie in Arbeitsschritte zu vermessen vermag, wirklich ergründen zu können.
Und da sind wir also, beim Fazit, das oben angekündigt war. Ein Thema gefällig, leichtfüßig aufzubereiten, aus Traditionen und alten Rezepten etwas Lustvolles zu machen, das verbinde ich ganz stark mit dem Servus Verlag. Für tatsächliche kulinarische Handwerker und an Details Interessierten ist das Buch leider weniger geeignet.
Untypisch bleibt es aufgrund seines Formats und der grafischen Aufarbeitung, die mehr an die literarisch-gastrosophischen „Gourmandisen“ von Christa Fuchs und Gudrun Harrer erinnern, die im Mandelbaum Verlag verlegt werden.
Disclaimer/Dank: Das Buch „Von Hand Gemacht“ von Karin Buchart und Maria Anna Benedikt wurde vom Verlag für die Rezension kostenlos zur Verfügung gestellt. Vielen Dank!