Picknick auf dem Eis

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Kalt wie Wodka und Pinguin

Picknick auf dem Eis - Bookcover
Quelle

Zum Schneechaos passt perfekt das aktuelle Buch der Leserunde: Andrej Kurkows „Picknick auf dem Eis„. Auch wenn die Meinungen geteilt sind. Wer „Master y Magarita“ mit seinen obskuren Figuren und Wendungen mochte, aber es doch einen Hauch realistischer möchte, dem sei das Buch ans Herz gelegt.

Inhalt

Viktor ist als Schriftsteller nicht gerade erfolgreich. Er lebt allein mit deinem Punguim Mischa, den er nach der Pleite des Zoos bei sich aufgenommen hat und ist heilfroh als ihm von einer Zeitung eine Stellung als Nekrolog-Schreiber angeboten wird. Er schreibt Nachrufe berühmter, noch lebender Persönlichkeiten auf Vorrat.

Vielleicht hätte er sich nicht bei einem Bekannten darüber beschweren sollen, dass keiner seiner Texte veröffentlicht wird, weil niemand der von ihm porträtierten Personen stirbt, vielleicht wer er ohnehin in Schwierigkeiten gelandet mit seinem Job… Jedenfalls hat es Viktor bald mit mehr Todesfällen zu tun, als ihm lieb ist und mit der Mafia noch dazu.

Bald überstürzen sich die Ereignisse, Viktor teilt die Wohnung mit Pflegekind Sonja und weiß nicht mehr, wo ihm vor lauter krimineller und halbseidener Machenschaften der Kof steht.

„Das Jahr, das so viel Unruhe in sein Leben  gebracht hatte, ging zu Ende. Und auch seine letzten Tage waren seltsam, hinterließen verwirrte Gefühle und wirre Gedanken.Viktors totale Einsamkeit hatte sich in eine Halbeinsamkeit und eine Halbabhängigkeit verwandelt. Die träge dahinfließende Energie seines Lebens hatte ihn wie auf einer Welle an eine einsame Insel gespült, auf der für ihn plötzlich Verpflichtungen auftauchten, aber auch das Geld, um ihnen nachzukommen. Jenseits der großen Ereignisse und des ganzen äußerlichen Lebens hatte er gar nicht erst versucht zu begreifen, was um ihn herum passierte. Er hatte es nie versucht, bis Sonja bei ihm aufgetaucht war. Und jetzt war das Leben um ihn herum plötzlich gefährlich unverständlich geworden, als hätte er den Moment schon verpaßt, in dem er es noch hätte begreifen können. Seine Welt bestand jetzt nur aus ihm selbst, dem Pinguin Mischa und Sonja.“

Als es nicht nur fast alltäglich wird, dass eine der von Viktors Verleger ausgewählten und durch diesen porträtierten Nekrolog-Persönlichkeiten stirbt, wird Viktor auch noch dauz überredet und fürstlich dafür bezahlt, den Pinguin als engagierten Trauergast zu den Beerdigungen zu begleiten. Viktors Leben gleitet vollends aus den Fugen, darauf ist er kleine Autor nicht vorbereitet.

“ >Irgendetwas stimmt nicht in diesem Leben<, dachte er, während er durch die Straßen lief. >Das Leben hat sich verändert und ist nur  rein äußerlich wie früher, einfach und verständlich. Innen drin ist der Mechanismus kaputtgegangen, und jetzt weiß man nicht mehr, was man von den vertrauten Dingen halten soll. Vom Laib eines ukrainischen Brots bis zur Telefonzelle auf der Straße. Irgend etwas Fremdes und Unsichtbares versteckt sich hinter jeder bekannten Oberfläche, in jedem Baum, in jedem Menschen. Es kommt einem bloß so vor,  als kenne man das alles seit seiner Kindheit.< „

Irgendwie geht dann doch für die meisten alles gut aus.

Die absurde Geschichte Kurkows ist jedenfalls Krimi, Familiengeschichte, Thriller und Groteske zugleich, die auf unverwechselbar russisch-satirische Weise vor Augen führt, wie eine von Armut, Korruption und Gleichgültigkeit geprägte postsowietische Gesellschaft dem Einzelnen zusetzen kann.

Und zum Wunderwinter in Wien passt die Idee eines Picknicks auf dem Eis ja ganz famos.

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