Fusionküche mit Beisl-Charme
Eines ist klar, wenn man ins ON geht um die Karte rauf und runter zu bestellen: Die Erwartungen sind groß. So vielfältig sind die Auszeichnungen, die Simon Xie Hong mit seinem südchinesischen Restaurant „ohne Schischi“ schon eingeheimst hat, dass man davon ausgeht mit der malerisch-lauen Gastgarten-Terrasse den Himmel der Fusion-Küche zu betreten.
Nun, betreten haben wir sie, die Terrasse. Wie es uns weiter erging und was wir gegessen haben, lest ihr im neuesten Restaurant-Bericht von Team phil.
Tatsächlich ist der Gastgarten ein Kleinod, vor allem an heißen Sommertagen. Leider hielten wir es draußen aber nicht lange aus, da die Allergiker im Team phil zu Tränen gerührt wurden – entweder durch die blühende große Linde oder durch fliegende Gräserpollen.
Auch wenn das Service im ON nicht übermäßig auskunftsfreudig ist, was die Karte betrifft, so war unser Ortswechsel ins Lokal selbst problemlos möglich. Laktose-Intoleranz abzuklären fällt im ON trotzdem nicht schwer, wenn man die Nachspeisen außen vor lässt: Erst da kommt Milch zum Einsatz. Aber so weit sind wir noch nicht, die Vorspeisenkarte ist dreimal so lange wie jeder andere Bereich des Menús, wir stürzen uns also auf die Entrees.
Auf keinen Fall lassen wir uns ein „Potpourri der Genüsse“ entgehen, das für wohlfeile €12,90 ein Dutzend kalte Vorspeisen verspricht. Das Potpourri entpuppt sich als kalte Platte, wobei sicher Schweinswangerl und Zunge sowie Kutteln nicht jedermanns Sache, aber für Unbefangene sehr leckere Happen sind. Auch fein sind das Kimchi und der Seetang-Salat. Die sehr au naturel servierten Roten Rüben, der grüne Salat sowie Gurkenschnitze präsentieren sich mehr als unaufregend, sie wirken fad.
Auch nicht wirklich berühmt ist der Oktopussalat, das nicht als mariniertes Meeresfrüchtegericht daher kommt, sondern als grüner Salat mit einigen Oktopusringerln und einer sehr dominant-süßlichen Marinade. Auch in Sachen Präsentation macht der Salat nicht gerade Lust auf mehr.
Der gedämpfte Heilbutt, ebenfalls auf der Vorspeisenkarte zu finden, hat sich nun auch nicht gerade in Schale geworfen. Auf der Plus-Seite steht zu verbuchen, dass der Fisch sehr saftig und à point gedämpft wurde und glasig-weich serviert wird. Auch hier findet sich eine sehr dominante Sauce als Beigabe.
In einer ganz anderen Liga spielt dagegen das Thunfischcarpaccio „Japan Style“, das mit Pilzen und – erraten! – Salat serviert wird. Geschmacklich aber sehr rund, fein und interessant.
Vergleichbar damit und der absolute Gewinner in der Kategorie „Vorspeisen“ ist ein leichtes Thunfisch-Tatar, das der Küchenchef mit kleinen Tofu-Stücken versetzt und mit Frühlingszwiebeln und Kernöl serviert. Auch erhält man eine Menge Gari zu dem Tatar, eine Angewohnheit, die sich bei vielen Gericht beobachten lassen (siehe Fotos).
Wir sind geteilter Meinung nach dieser Ouvertüre und sind gespannt auf die Hauptspeisen.
Als Erstes kommen da eine Selektion an verschiedenen Teigtaschen, die allesamt fein gefüllt sind: Fisch mit Koriander, Kaninchen mit Fenchel, Schwein mit Curry, jeder Biss in eines der kleinen Goldstücke eine äußerst freudige Überraschung. Kompliment an die Küche!
Wir merken: die Dipsauce und Gari kennen wir schon….
Nun kommen auch die restlichen Hauptspeisen. Aufgrund der Menge an Vorspeisen, die wir bestellt hatte, ist man etwas durcheinander gekommen und serviert die Hauptspeisen nicht zusammen.. Nach Nachfragen kann das aber recht zügig behoben werden.
Immerhin fehlen noch ein Fischcurry und Oktopus aus dem Wok mit Frühlingsgemüse.
Der Oktopus mit Gemüse war frisch gebraten, das Gemüse noch knackig, nicht überwürzt, sondern ein Gedicht an frisch verarbeiteten Zutaten.
Das Fischcurry ist sämig, gut gewürzt und hat eine leichte Schärfe. Eigentlich nicht viel daran auszusetzen, aber auch nicht wirklich so zubereitet, dass es einen vom Sessel haut. Zumindest war die P noch recht aufrecht und erwartungsvoll als es an die Nachspeisen ging.
Die konnten sich allerdings sehen lassen! In guter alter Team phil Tradition bestellten wir eine Auswahl aus der Dessen-Karte und löffelten für Vergleichszwecke zusammen.
Das hausgemachte Grüntee-Parfait ist nicht nur reichlich, es ist auch fein, balancierter Matcha-Geschmack, schön cremig. Der einzige Kritikpunkt könnte der zu hohe Gefrierfaktor sein, der eher ein Creme-Eis als ein Parfait aus der Masse macht. Mit den Nuss-Bröseln aber eine ungewöhnlich und äußerst leckere Sache.
Die Motchi, die wir bestellen, weil wir sie immer bestellen, wenn sie auf der Karte sind, machen ein passables Bild. Bei den Reispulver-Sesam-Bällchen weiß man was kommt und wird auch im ON nicht enttäuscht.
Eine besondere Geschmacksexplosion hat der Küchenchef noch in der Hinterhand: ein Ingwer-Schoko-Mousse mit Salzmandel, die leider als Einzelexemplar serviert wird! Dafür ist das Mousse eine geschmacklich hintergründige Sache, die leicht bitteren, süßen Schoko-Noten mit der Ingwer-Schärfe bilden eine sehr runde Kombination.
Die Desserts versöhnen uns irgendwie dann doch mit einem Mahl, bei dem wir nicht schlecht gegessen, aber mehr erwartet haben. Dem ON eilt ein Ruf voraus, dem es bei unserem Besuch nicht gerecht wurde. Nicht nur die Unaufgeregtheit hat sich das ON von der Wiener Beisl-Kultur geborgt, was durchaus angenehm ist, auch die Küche bleibt über weite Strecken auf passablen Beisl-Niveau: eine glatte, einstimmige 3,5 auf der maximal 5-pünktigen Team phil Skala.