Kriecherl – der heimliche Star

Gestatten – das Kriecherl

Heute stell ich euch eine ganz besondere Frucht vor, eine vor der ich kaum glauben kann, warum sie nicht in aller Munde und auf aller Teller ist. Das Kriecherl, die so genannte Kriechen-Pflaume. Das Kriecherl ist ein rundes Steinobst, nicht zu verwechseln mit dem Dirndl, das auf dornenbewährten Sträuchern meist in Ostösterreichs Windschutzgürteln und Gärten wächst. Ich kenne das Kriecherl in unterschiedlichen Farben, immer hat es einen Stein, der fest mit dem pflaumenähnlichen Fruchtfleisch verwachsen ist.

Geschichtsträchtig

Schon allein aus historischen Gründen wär es diese Steinobst wert, einen Fixplatz in unseren Küchen zu haben. Warum?

Seit 6000 Jahren ist das Kriecherl in Gebieten des heutigen Niederösterreich heimisch, hier wurde es kultiviert, veredelt und weiter gezüchtet. Damit ist es die EINZIGE Obstsorte überhaupt, die in Österreich entstanden ist!

Kriecherl sortiertMittlerweile hat es eine GenussRegion Österreichs begründet, nämlich diese im Waldviertel. Und auch eine Web-Präsenz hat es sich bereits zugelegt.

Als Wildobst gibt es verschiedene Varianten, die nicht klar als Sorten unterschieden werden. Ich kenne eine rote Sorte, eine, die in vollreifem Zustand grün-rot gefärbt ist und eine frühreife gelbe Sorte. Die hat die Besonderheit, dass die gelbe Farbe vom Fruchtfleisch stammt, weil aufgrund einer genetischen Besonderheit die Schale farblos ist.

Geschmack

Jetzt kommt der eigentliche Grund, warum das Kriecherl in aller Munde sein sollte: Es schmeckt herrlich aromatisch! Im Gegenteil zu herkömmlichen, oft industriell gezüchteten und veredelten Obstsorten, die auf hohen Ertrag, lange Lagerfähigkeit und Allerwelts-Geschmack getrimmt werden, ist das Kriecherl eine wahre Geschmacksbombe.

Das Fruchtfleisch ist sehr saftig, in vollreifem Zustand mit Honigplaumen-artigen Noten, die kombiniert werden mit einer sehr komplexen Säure, die an Rhabarber erinnert, allerdings ohne bitter-grüne Noten. Das Kriecherl schmeckt.

Kriecherl - mixedZu verarbeiten ist das Kriecherl vor allem deshalb schwierig, weil die Frucht recht klein ist. Der im Verhältnis dazu recht große Stein lässt sich nur schwer lösen, weshalb das Entsteinen ein recht sinnloses Unterfangen ist.

Die gute Nachricht: der Stein gibt beim Aufkochen keine Bitterstoffe ab, sodass ganz Früchte aufgekocht werden und einfach durch das gröbste Sieb der Flotten Lotte gedreht werden können, um das Fruchtfleisch und den reichlichen Saft vom Kern zu trennen. Das geht recht schnell – ab hier kann man mit dem Fruchtmus vielfältig weiterarbeiten.

Woher nehmen? Trinken?

In Ausnahme-Fällen lassen sich Kriecherl auf Bauernmärkten auftreiben. Auch im Adamah-Laden am Vorgartenmarkt hab ich mal einen kleinen Rest gesehen. Die beste Möglichkeit, an Kriecherl zu kommen, ist eindeutig eine niederösterreichische Streuobst-Wiese und jemanden zu haben, der einem die Ernte dort erlaubt. Viele Niederösterreicher haben Kriecherl-Bäume auch im Garten.

Die typische Darreichungsform des Kriecherls ist übrigens der Kriecherl-Brand, der sich bei diesen Produzenten verkosten lässt. Dass man mit der Kriechen-Plaume eine Menge weitere kulinarische Leckereien zaubern kann, gibt es bald hier auf dem Blog unter dem tag „Kriecherl“ zu sehen.

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